Hamburg ist keine Weltstadt – mit dieser Entwicklung muss endlich Schluss sein!
Ein Kommentar
Hamburg wird beliebiger. Seit Jahren werden hier immer mehr schnörkellose Betonwürfel mit glatten Fassaden gebaut, die es so auch in jeder anderen Stadt in Deutschland gibt. Vor allem in der „Neuen Mitte Altona“ wird das mehr als deutlich. Schnell und billig muss es sein, die Fläche optimal ausgenutzt werden.
Der Bereich Reeperbahn wird unterdessen schleichend immer weiter zur Hotel-Kiosk-Suffmeile. An der Sternschanze soll eine viel zu große Fehmarnsundbrücke nach Hamburg gesetzt werden und dafür ein über 100 Jahre altes, minimalistisches Brückenbauwerk und ein kleines Viertel verschwinden.
Hamburg: Warum nicht eine Nummer kleiner?
Bald baut ein Investor mit dem Elbtower einen der höchsten Glaspaläste Deutschlands. Ein kleines Restaurant muss derweil dem überdimensionierten Bürokomplex „Paulihaus“ weichen. Und es geht weiter: Die Stadt reißt Altona womöglich mit dem Fernbahnhof sein Herz heraus und will dafür den schwer zugänglichen Diebsteich zum Reise-, Fußball- und Konzertzentrum machen.
Hamburg, warum nicht auch mal eine Nummer kleiner? Warum stößt du so oft Altbewährtes, Liebgewonnenes einfach ab, statt diesem zu neuem Glanz zu verhelfen? Es ginge doch auch anders. Bausünden aus den vergangenen Jahrzehnten stehen auch bei uns schon genug rum.
Den Bereich Sternbrücke zu sanieren scheint nicht unmöglich, einen Fernbahnhof Altona auch nicht. Ein riesiger Bürokomplex am Neuen Pferdemarkt ist, wenn man die Aufwertung des Grundstücks mal außen vor lässt, ebenso überflüssig wie die massive Aufstockung des Bunkers, der sich auch im kleineren Rahmen vom tristen Grau befreien ließe.
Hamburg ist keine Weltstadt
Die höchstmögliche Optimierung und Profit stehen zu oft noch zu sehr im Fokus. Damit ist nicht gemeint, dass es keine Optimierung geben muss oder dass sich Erneuerung nicht auch auf lange Sicht lohnen muss. Sehr vieles in Hamburg ist schon sehr gut doch vieles lässt sich noch verbessern.
Nur hat die Stadt sich schon vor Jahren zu sehr auf den Weltstadt-Kurs eingeschossen. G20-Gipfel, die (abgeschmetterte) Olympia-Bewerbung. Dazu mehrere gigantische Projekte. Immer „höher, schneller, weiter“.
Nein, nein, nein! Hamburg ist keine Weltstadt. Mehr Demut würde der Zweite-Liga-Fußballmetropole ab und zu guttun. Neue symbolträchtige Leuchttürme wie die Elbphilharmonie und die noch nicht fertiggestellte Hafencity, von denen zumeist Menschen ab der gehobenen Mittelschicht profitieren, haben wir schon.
Sicher: die Infrastruktur muss verbessert werden. Die Sternbrücke ist sanierungsbedürftig und der Verkehrsfluss könnte besser sein, vor allem für Radfahrer und Fußgänger. Auch ein Kopfbahnhof in Altona ist aus bahntechnischer Sicht nicht optimal, die Deutsche Bahn hat zudem ein Wörtchen mitzureden. Aber auch er ließe sich optimieren, so wie es Kritiker fordern. Dann behielte Altona sein Herz.
Gegen Büroflächen an den lauten, unbewohnbaren Elbbrücken ist überhaupt nichts einzuwenden. Ein Investor finanziert sie und hat strenge Auflagen bekommen, der Elbtower muss zum Beispiel der Öffentlichkeit zugänglich sein. Aber auch hier wäre weniger mehr gewesen und hätte sich besser ins Stadtbild eingefügt.
Den „immer höher, schneller, weiter“-Kurs hat die Stadt in dieser extremen Form nicht nötig. Hamburg ist in vielen Rankings die beliebteste Metropole Deutschlands. Das wird sie auch bleiben, wenn nicht überall versucht wird, das Maximum rauszuholen.
Lieber einmal mehr darüber nachdenken, wie gut oder schlecht sich etwas tatsächlich in die Stadt einfügt. Auch in unserer wachsenden Metropole in Betracht ziehen, was im Kosten-Nutzen-Verhältnis die zweitbeste Lösung ist und dafür andere Faktoren beachten.
Die Hamburgische Architektenkammer wies kürzlich daraufhin, dass städtebauliche, freiräumliche und architektonische Kriterien ebenfalls Entscheidungsgrundlage sein müssten. Das kriegt die Stadt mitunter gut hin – oft aber auch überhaupt nicht.