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Hamburg: Wut auf queere Flüchtlingsunterkunft – Anwohner drohen mit Klage

Ein Nachbarschaftsprotest stoppt die Errichtung einer LGBTQIA+-Flüchtlingsunterkunft in einem Hamburger Nobelviertel und droht mit Anwälten.

© IMAGO/Lars Berg/Christian Mang

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Skandal in Hamburgs Nobelviertel. In der exklusiven Sierichstraße im schicken Stadtteil Winterhude hätte ein Zufluchtsort für 38 queere Geflüchtete entstehen sollen, doch daraus wird nichts. Die prachtvolle Villa, die früher Polizeischüler beherbergte, steht seit Monaten leer.

Eigentlich sollte sie zu einem sicheren Hafen für LGBTQIA+-Flüchtlinge werden. Doch die feine Nachbarschaft in Hamburg hatte andere Pläne. Sogar mit Anwaltsschlachten drohten die Anwohner, um das Projekt zu stoppen. Hinter dem Widerstand verbirgt sich jedoch weit mehr als nur rechtliche Bedenken.

Hamburg: Anwohner wollen keine Unterkunft für queere Geflüchtete

Ursprünglich plante die Stadt Hamburg, das Gebäude in der Sierichstraße 53 in eine Unterkunft für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge umzuwandeln. Die 38 Zimmer sollten queeren Menschen, die in ihren Herkunftsländern oft verfolgt und bedroht werden, Schutz bieten.

Doch die Pläne zerschlugen sich überraschend, wie jetzt ein Bericht vom „Hamburger Abendblatt“ aufdeckt. Im Dezember 2024 zog die Sozialbehörde den Bauantrag zurück. Offiziell wird von „rechtlichen Unsicherheiten“ gesprochen – doch ein genauer Blick zeigt, dass die Ablehnung der Nachbarn weit tiefer geht.

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Hamburg: Unterkunft gestoppt mit Anwaltshilfe

Besonders in den sozialen Medien schlug die Story aus Hamburg ein wie eine Bombe. In einem viralen Video, verbreitet der TikToker „privatbert“, wie Anwohner mit Anwälten drohten, um das Projekt zu verhindern. Er erklärt sarkastisch: „Es klingt wie ein schlechter Traum, ist aber leider genauso passiert.“


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Die offizielle Begründung der Nachbarschaft in Hamburg lautet: Das Bauvorhaben verstoße gegen den Bebauungsplan „Winterhude 21“, der das Gebiet als reines Wohngebiet ausweist. Dennoch hatte die Sozialbehörde das Projekt ursprünglich als rechtlich machbar eingestuft. Erst nach mehreren „konstruktiven Gesprächen“ mit den Anwohnern, bei denen auffällig häufig Anwälte zugegen waren, kam die Kehrtwende.

Keine queere Unterkunft in Hamburg-Winterhude

Der TikTok-Beitrag von „privatbert“ wirft den Anwohnern vor, dass viele Nachbarn weniger ein Problem mit der Flüchtlingsunterkunft an sich hatten, sondern speziell mit der Zielgruppe. „Es geht ihnen nicht um Baurecht“, sagt der er in seinem Video, „sondern darum, dass sie keine queeren Menschen in ihrer Nachbarschaft wollen.“

Stattdessen hätten sie sich darauf geeinigt, dass die Villa nun an alleinstehende Frauen mit Kindern vergeben wird. „Alleinerziehende Mütter – die sind brav. Queere Menschen? Da wissen die Nachbarn ja nie, ob sie nicht vielleicht mal zwei Männer küssen sehen!“, kommentiert er bissig.

Hamburg verteilt queere Flüchtlinge dezentral

Für die queeren Geflüchteten hingegen bleibt die Situation prekär. Sie sollen nun in ein dezentrales Unterbringungskonzept integriert werden. LGBTQIA+-Personen berichten in Gemeinschaftsunterkünften immer wieder von Diskriminierung und Übergriffen. Rückzugsorte und spezielle Schutzmaßnahmen fehlen oft.

Die Entscheidung der Sozialbehörde, das Projekt aufzugeben, mag rechtlich nachvollziehbar sein, doch die moralische Dimension bleibt umstritten. Queere Geflüchtete, die ohnehin besonderen Risiken ausgesetzt sind, werden nun dezentral verteilt – in der Hoffnung, dass sie an ihren neuen Unterkünften auf mehr Akzeptanz stoßen.