Es dröhnt laut und ihr Ranger-Mobil ruckelt heftig, als Stella Kinne über den steilen Dünenweg an den Strand auf Sylt steuert. Mit gezückten Handy-Kameras stehen dort im Naturschutzgebiet Lister Ellenbogen an diesem Maitag mehrere Spaziergänger am Spülsaum. „Da liegt eine schwache Kegelrobbe, die sind viel zu nah dran“, sagt die 26-jährige Rangerin. Sie stoppt den Motor ihres überdachten Quads und fordert die Schaulustigen dazu auf, zurückzugehen.
Sie gräbt vier Löcher in den Sand rund um das Säugetier, rammt vier Holzpflöcke mit Warnschildern hinein und befestigt eine Leine daran. „Achtung, rastende Robbe. 50 Meter Abstand zum Tier halten und Hunde anleinen“, steht auf den Tafeln. Am nächsten Morgen wird Kinne wiederkommen und nach der entkräfteten Robbe auf Sylt schauen.
Sylt: Rangerin kämpft für die Natur
„Mein Ziel ist es, die Natur zu erhalten, wie sie ist. Und diese im Idealfall zu verbessern“, sagt Kinne der Deutschen Presse-Agentur. Sie ist Rangerin im Listland auf Sylt – einem rund 1250 Hektar großen Areal am nördlichsten Zipfel Deutschlands. Im Naturschutzgebiet sorgt sie dafür, dass die Natur sowie Seehunde und Robben, Schafe, Vögel und Kreuzkröten geschützt sind. Mit einem zweimonatigen Pilotprojekt war sie im Sommer 2023 gestartet – seit Januar ist die gebürtige Harzerin fest angestellte Rangerin.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Entourage mussten im April auf Sylt bei ihrem Gang am Ellenbogen einen Umweg nehmen, um ihre Robben-Absperrung zu umgehen, sagt Kinne. Der SPD-Politiker habe Verständnis dafür gehabt. Nicht bei allen sei das so: Immer wieder gehen Menschen trotz der Schilder zu nah an die erschöpften Tiere heran und schrecken sie auf.
Sylt: Robben brauchen Ruhe
Solche Geschichten kennt auch Thomas Diedrichsen, Listland-Miteigentümer und Kinnes Chef: Auf der Jagd nach einem besonderen Foto hatten Urlauber zuletzt versucht, ihr Kind auf den Rücken eines Seehundes zu setzen, sagt der Sylter Seehundjäger, der seit mehr als 25 Jahren auf dem Ellenbogen arbeitet. Einige laufen den Robben und Seehunden demnach selbst dann nach, wenn diese flüchten – laut Naturschutzgesetz ist das verboten.
„Die entkräfteten Tiere kommen zum Ausruhen an Land. Finden sie hier keine Ruhe und werden zurück ins Meer getrieben, werden sie immer schwächer und ertrinken dann“, erklärt Diedrichsen. Kranke Tiere werden entweder in eine Seehundstation gebracht oder vom Seehundjäger „erlöst“.
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Kinne ist laut Diedrichsen deutschlandweit die erste Rangerin die von einer Erbengemeinschaft – bestehend aus 39 Eigentümern – finanziert wird. „Seit sie hier ist, ist deutlich zu spüren, dass mehr Menschen ihre Hunde anleinen“, sagt Diedrichsen. Das Listland ist seit Jahrhunderten in Privatbesitz und seit 1923 Naturschutzgebiet.