Kiel: Kerstin von der Decken, Gesundheitsministerin von Schleswig-Holstein (CDU), hält die Praxisgebühr für ein Mittel. Und bringt deren Rückkehr zumindest indirekt zurück in eine Debatte, in der es heftig brodelt.
Die Argumente, die aus Kiel kommen, bringen so manchen Kritiker aus der Opposition auf die Palme – und auch bei vielen Kassen-Patienten sind die Extra-Kosten beim Arzt-Besuch nicht gerade beliebt…
Kiel: „Überlegung wert“
„In der Debatte über die Finanzierung der Gesundheitsversorgung hat Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken auf die frühere Praxisgebühr bei Arztbesuchen verwiesen. „Sie war ein gutes Instrument und wäre eine Überlegung wert“, sagte die CDU-Politikerin in einem am Dienstag online veröffentlichten Interview des Magazins „G+G“, das vom AOK-Bundesverband herausgegeben wird.
„Ich hatte den Eindruck, dass sich die Menschen damals an die Praxisgebühr gewöhnt hatten. Die Summe war auch nicht so horrend, dass sie davon abgehalten hätte, eine medizinische Leistung in Anspruch zu nehmen“, so von der Decken.
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Kiel: Mehr Geld ins System
Die Praxisgebühr mussten gesetzlich Versicherte von 2004 bis 2012 beim ersten Arztbesuch im Quartal in Höhe von zehn Euro entrichten. Sie stand in der Kritik wegen des bürokratischen Aufwandes. „Selbst wenn sie keine große Steuerungswirkung hat, könnte durch eine Praxisgebühr mehr Geld ins System gelangen“, sagte von der Decken dem Magazin „G+G“.
Oder es könnte aus ihrer Sicht vielleicht auch die Eigenbeteiligung bei Klinikaufenthalten oder Medikamenten etwas erhöht werden. Bei der privaten Krankenversicherung könne zwischen verschiedenen Arten und Höhen der Eigenbeteiligung gewählt werden, sagte von der Decken. „Wir sollten darüber nachdenken, ob so etwas auch für die gesetzliche Krankenversicherung infrage kommt.“
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Kiel: Kritik folgt prompt
Die Ministerin löste beim Thema Praxisgebühr lebhaften Widerspruch aus. Statt Arztpraxen wieder zu Inkassostellen machen zu wollen, müssten strukturell wirksame Instrumente zur dauerhaften Stabilisierung der Finanzen der gesetzlichen Kassen unterstützt werden, meinte Ex-Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP). „Der Zombie Praxisgebühr sollte schnellstmöglich wieder in seiner Gruft versenkt werden.“
Die SPD-Gesundheitspolitikerin Birte Pauls bescheinigte der Ministerin mit Blick auf Praxisgebühr und eine höhere Eigenbeteiligung bei Medikamenten „herzlose“ Vorschläge. „Offenbar hat die Ministerin nicht begriffen, dass es Menschen gibt, die in Zeiten von massiven Preissteigerungen mit jedem Euro rechnen müssen.“
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Kiel: Opposition sieht Fehlanreiz
Es sei zu befürchten, dass eine Wiedereinführung der Praxisgebühr Menschen von notwendigen Arztbesuchen und Medikationen abhalten würde, was ein völliger Fehlanreiz wäre. Von der Decken verabschiede sich von der Idee einer solidarischen Krankenversicherung.
Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage, eine Initiative zu einer Wiedereinführung der Praxisgebühr sei aus Kiel nicht geplant. Es sei Sache des Bundes zu sagen, wie er die Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung in den Griff bekommen wolle. (dpa)